Montag, 13. August 2012

Filmkritik: Gladiator (2000)

Ridley Scotts Prometheus hat weltweit schon über 300 Millionen Dollar eingespielt. Doch der bisher größte Erfolg des Regisseurs spielte nicht in den Weiten des Alls sondern im antiken Rom: Gladiator belebte vor zwölf Jahren den Sandalenfilm wieder.
Aus interpretatorischen Gründen wird auch in dieser Kritik das Ende verraten.

Der Ausgangskonflikt von Gladiator hätte aus Shakespeares Feder stammen können: Der scheidende Kaiser Markus Aurelius möchte den römischen Feldherren Maximus als seinen Nachfolger bestimmen, da er ihn für tugendhafter hält als seinen eigenen Sohn Commodus. Als jener davon erfährt, tötet er kurzerhand seinen Vater, reißt die Macht an sich und lässt Maximus zur Exekution in den Wald bringen. Da dieser nicht die junge Unschuld eines Schneewittchen zum Einsatz bringen kann, um seine Henker vom Gegenteil zu überzeugen, bringt er diese kurzerhand um, kann jedoch nicht rechtzeitig zu Hause eintreffen, um die Ermordung seiner Familie zu verhindern. Als er in die Gladiatoren-Schule des Proximo verschleppt wird und dort immer erfolgreicher wird, bietet sich ihm in Rom die Chance, mit Hilfe von Commodus Schwester Lucilla den Sturz des unrechtmäßigen Herrschers herbeizuführen.

Wenn der Protagonist des Filmes am Anfang in der germanischen Kälte steht und sich vorstellt, durch die heimischen Kornfelder zu streifen, wird schnell klar, dass das hauptsächliche Ziel unseres Helden nicht Ruhm und Ehre ist, sondern bei seiner Familie zu sein. Ein geschickter Kniff, der der Hauptfigur nicht nur mehr Tiefe verleiht, sondern es schafft, den eigentlich tragischen Ausgang der Geschichte in ein Happy End zu verwandeln. Die Vorstellung, im Jenseits wieder mit der verstorbenen Familie vereint zu sein, wird in Gesprächen mit anderen Gladiatoren immer wieder thematisiert und so ist der Heldentot des Maximus und die Wiedervereinigung mit Sohn und Frau im Jenseits fast der größere Sieg, als die schlussendliche Ermordung des tyrannischen Herrschers.

Insgesamt ist Gladiator dennoch alles andere als perfekt. Wie der Shakespeare-Vergleich schon nahelegt, ist die Story nicht gerade besonders neu, sondern bedient sich ausgiebig klassischer Archetypen (die Mentoren Aurelius und Proximo, der Schatten Commodus und die Gestaltwandlerin Lucilla, bei der am Anfang unklar ist, auf wessen Seite sie steht) und dem Story-Schema der Reise des Helden (Protagonist muss sich in neuer Welt bewähren und eine steigende Anzahl an Prüfungen bewältigen, bis er am Ende dem größten Widersacher gegenüber steht). Während die Geschichte natürlich an die tatsächlichen historischen Ereignissen nur angelehnt ist (das hat Shakespeare ja nicht anders gemacht), ist es besonders fragwürdig, warum in Kostümdesign, Schlachten und der Darstellung Roms kein Versuch unternommen wurde, einigermaßen historisch korrekt zu sein. Dass sich bei einer Fantasy-Trilogie wie Der Herr der Ringe die Mühe gemacht wurde, selbst im kleinsten Detail den pseudohistorischen Beschreibungen der Geschichte Mittelerdes treu zu bleiben, während bei Gladiator im Design von Kostümen, Waffen und Architektur alle geschichtlichen Zeitalter einfach bunt durcheinandergewürfelt wurden, ist schon bezeichnend.

Dass Kostümdesigner Janty Yates dennoch einen Oscar bekommen hat, ist aber nachvollziehbar, denn schön anzusehen ist die Garderobe auf jeden Fall, was insgesamt auf den ganzen Film zutrifft. Wenn in gekonnt komponierten Bildern (bis auf die in ihrer geringen Bildwechselfrequenz störend stockenden Zeitlupen) in prachtvollen Kostümen durch das größtenteils computeranimierte Rom stolziert wird, ist das durchaus eine sehenswerte Angelegenheit und die ordentliche Dosis Pathos, die die Dialoge der gut aufgelegten Schauspieler versprühen, macht die ganze Geschichte doch recht unterhaltsam, wenn man sich darauf einlässt. Dass Komponist Hans Zimmer hier seine immer gleich klingenden Streicherthemen raushaut (ich dachte manchmal echt, gleich kommt Batman in die Arena) passt da eher schlecht in das Gesamtbild. Warum hier nicht jemand wie Howard Shore an den Taktstock gelassen wurde, ist schwer nachvollziehbar, aber auf der technischen Seite wirklich das einzige Manko.

Insgesamt ist Gladiator ein gelungener moderner Sandalenfilm, den man zwar nicht unbedingt gesehen werden muss, der sich aber neben Klassikern des Genres wie Ben Hur (der ja, wenn man ehrlich ist, auch nicht viel gehaltvoller war) keineswegs verstecken muss.