Montag, 12. November 2012

Filmkritik: Luna Papa (1999)

Moritz Bleibtreu in einer seiner ungewöhnlicheren Rollen: In der absurden Komödie Luna Papa des tadschikisch-russischen Regisseurs Bakhtiar Khudojnazarov spielt er den geistig zurückgebliebenen Bruder der Protagonistin.

Nasreddin, Mamlakat und Safar (© STUDIOCANAL GmbH)
Die junge Usbekin Mamlakat (Chulpan Khamatova) möchte gerne Schauspielerin werden. Als eines Tages in einer nahe gelegenen Stadt eine Theatergruppe auftritt, muss sie natürlich dabei sein. Sie verpasst die Vorstellung und wird von einem mysteriösen Fremden verführt, der behauptet, einer der Schauspieler zu sein, aber unerkannt verschwindet. Es kommt, wie es kommen muss: Mamlakat wird schwanger. Um die Ehre der Familie zu retten, macht sie sich mit ihrem Vater Safar (Ato Mukhamedshanov) und ihrem zurückgebliebenen Bruder Nasreddin (Moritz Bleibtreu) auf die Reise, um die Identität des Erzeugers herauszufinden. Eine chaotische Odyssee durch Zentralasien beginnt...

„Monty Python in Tadschikistan“ steht auf der Hülle der Arthaus-DVD, eine Werbung, die natürlich Erwartungen heckt, die nicht so leicht zu erfüllen sind. Tatsächlich sind Gemeinsamkeiten zu entdecken zwischen dieser internationalen Co-Produktion aus dem Jahr 1999 und den Werken der britischen Komikertruppe: Der Hang zu durchgängiger Blödelei ohne tatsächliche Pointen, in der die eigentliche Handlung zur Nebensache wird, ist auch in Luna Papa nicht zu übersehen. Doch die Art des Humors, mit der die dadurch entstehende Lücke gefüllt wird, ist dann doch sehr unterschiedlich. Während die britischen Komiker ihre Gags vor allem aus den Dialogen entwickelten, regiert bei Khudojnazarov der Slapstick: Es vergehen keine zwei Minuten in denen nicht jemand umfällt oder geschlagen wird oder ein Auto irgendetwas umfährt. Und wenn die drei Protagonisten im Theater sind, dann schläft natürlich einer von ihnen laut schnarchend ein. Das kann man witzig finden, muss man aber nicht.

Moritz Bleibtreu als Nasreddin (© STUDIOCANAL GmbH)
Wenn einen diese Art von Humor nicht besonders anspricht, dann bleibt leider nur wenig, woran man sich ansonsten erfreuen kann. Die Handlung ist ziemlich platt geraten und die wenigen ernsten Momente wirken in der allgemeinen Absurdität eher deplatziert (mir zumindest fällt es schwer, ernsthaft um eine Figur trauern, die gerade von einer vom Himmel gefallenen Kuh erschlagen wurde). Moritz Bleibtreu spielt den zurückgebliebenen Nasreddin (benannt nach dem türkisch-islamischen Äquivalent zu Til Eulenspiegel) zwar überzeugend (und spricht im Original sogar russisch!), doch allgemein können die guten schauspielerischen Leistungen den Gesamteindruck nur wenig bessern.

Ein tatsächlicher Lichtblick sind da die märchenhafteren Momente: Der Titel des Filmes kommt nämlich nicht von ungefähr, denn wenn Mamlakat verführt wird, scheint es tatsächlich eher der Mond zu sein, der sie schwängert, als der Mann, der nur als Silhouette zu sehen ist. Und wenn Mamlakat dann während(!) des Akts einen scheinbar endlosen Abhang hinunterrutscht, wie Alice, die in den Kaninchenbau hinabgleitet, dann spürt man für einen kurzen Moment doch das magische Potenzial, das in dieser Geschichte steckt. Doch leider sind solche Momente viel zu rar gesät, lediglich wenn die Protagonistin am Ende beschließt, die Dorfgemeinschaft hinter sich zu lassen, geschieht dies nochmals auf fantastische Weise.

Insgesamt ist Luna Papa daher leider eher eine Enttäuschung: Die Story ist eher unspektakulär, die Gags sind zu körperbetont und das märchenhafte Potenzial wird nicht genügend ausgeschöpft. Wer sich jedoch an viel Slapstick, Chaos und einem behinderten Moritz Bleibtreu erfreuen kann, der sollte Luna Papa vielleicht trotzdem eine Chance geben - denn eines muss man dem Film zugutehalten: Ungewöhnlich ist er auf jeden Fall.