Sonntag, 12. August 2012

Filmkritik: The Dark Knight Rises (2012)

Christopher Nolans Interpretation der Comic-Fledermaus geht in die letzte Runde – und reiht sich ein in die lange Tradition enttäuschender dritter Teile.

Dieses Review enthält SPOILER, weil es sich vor allem an den zahlreichen Drehbuchschwächen des neuen Batman-Filmes abarbeitet.

Generell bin ich nicht unbedingt ein Fan von Superheldenfilmen. Meist sind mir die Stories und Charaktere zu flach, die mögliche Fallhöhe des Helden zu gering und der Einsatz von CGI zu vordergründig. Christopher Nolans Interpretationen der berühmtesten Fledermaus der Welt bilden hier eine Ausnahme: Durch den für eine Comic-Verfilmung relativ hohen Realismus, Ernst und natürlich auch Pathos heben sich Batman Begins und The Dark Knight sowohl von älteren Interpretationen des Helden als auch von den anderen Comic-Verfilmungen der letzten Jahre positiv ab. Während der erste Teil vor allem in der klassischen Entwicklung des Protagonisten zum Helden überzeugt ist es im zweiten vor allem der anarchistische Joker, der den Film am Laufen hält. Und außerdem hatten beide Filme einen recht logischen Aufbau, waren "rund" und hatten zwar einige Unglaubwürdigkeiten, aber keine größeren Logiklöcher.

Bei The Dark Knight Rises sieht das Ganze schon anders aus. Es beginnt schon damit, das Batman acht Jahre im Ruhestand war. Das heroische Ende vom zweiten Teil, dass Batman als dunkler Ritter die Stadt bewachen wird, während die Polizei ihn jagt, wird hiermit völlig ausgehebelt. Die Stadt brauchte keinen dunklen Ritter, denn die Verbrechensrate ist durch das neue Dent-Gesetz rapide gesunken (als wäre Batmans Hauptaufgabe je das organisierte Verbrechen gewesen) und so hängt Bruce Wayne nur noch humpelnd und seine Ex betrauernd in seinem Anwesen herum. Doch die Ankunft des Superbösewichts Bane (bei dem Tom Hardy zeigen darf, dass man auch nur mit den Augen schauspielern kann) ruft Batman wieder auf den Plan – doch auch die Meisterdiebin Catwoman (mit Witz gespielt von Anne Hathaway), die bis kurz vor Schluss nicht durchblicken lässt, auf wessen Seite sie steht, mischt mit. Zu allem Überfluss verlässt auch noch Butler Alfred Bruce Wayne, weil er ihm nicht beim Sterben zusehen möchte (eine der wenigen wirklich eindrucksvollen Szenen des Films). Ach ja und dann haben wir da noch ein Techtelmechtel mit Miranda Tate (Marion Cotillard) die eine völlig überflüssige Figur wäre, wenn Nolan nicht so scharf auf ein paar Twists am Ende wäre...

Doch dann beginnt die Logik der Handlung langsam zu bröckeln. Denn aus welchem Grund auch immer hat sich Bruce Wayne entschieden, einen als Atomwaffe einsetzbaren Fusionsreaktor zu bauen, auf den es Bane natürlich abgesehen hat. Batman begibt sich mit Catwoman in Banes Versteck um ihn zu stellen - doch Catwoman verrät ihn und Bane besiegt Batman in einem brutalen Nahkampf. Warum dieser sich nicht, wie sonst auch, auf Intelligenz und Gadgets statt auf pure Körperkraft verlässt, wird natürlich nicht wirklich klar, vor allem, dar er durch seine jahrelange Abstinenz alles andere als in guter körperlicher Verfassung ist.

Doch dieser Kampf soll natürlich noch nicht der Höhepunkt gewesen sein, denn es ist ja grad erst die Hälfte der zu langen Spielzeit rum und der Film heißt ja auch nicht "Knightfall und was danach geschah". Deshalb ist natürlich auch nicht, wie in der Comic-Vorlage, Batmans Rückgrat gebrochen sondern nur ein Wirbel ausgerenkt. In einem Gefängnis in der Wüste eingeschlossen, ist es nun für die nächsten 45 Minuten Batmans Aufgabe (der bis zu diesem Zeitpunkt in diesem Film übrigens noch nix gerissen hat), es zu schaffen, den einzigen Ausgang, einen Brunnen, hochzuklettern. Das ist weder besonders spannend, noch wird es besser durch den klischeehaften Mentor, der die ganze Zeit russisch spricht und am Ende doch Englisch kann (hatten wir das nicht schon in Batman Begins?).

Währenddessen stiehlt Bane den Reaktor, und schließt die Stadt durch Brückensprengungen und seine Bombendrohung von der Außenwelt ab (kreativ, die unpassierbaren Brücken hatten wir ja auch nur schon in Teil 1 und 2). Die Bombe explodiert von selbst in 5 Monaten oder mit einem Zeitzünder. Bane hat natürlich vor, die 5 Monate zu warten, was völlig out-of-character ist, weil er, wie wir erfahren, aus der Gesellschaft der Schatten stammt und deshalb doch eigentlich etwas zielgerichteter handeln sollte, anstatt ein bisschen Revolutionsstimmung zu verbreiten, von der er keinerlei Vorteile hat. Scarecrow darf dann noch auf einem albernen Haufen Schreibtische den Richter spielen und Leute dazu zu verurteilen, auf den nicht ganz zugefrorenen Fluss zu laufen.

Da alle (!) Polizisten der Stadt in der Kanalisation eingeschlossen werden, versuchen nur noch die Sidekicks Lucius Fox, Jim Gordon, Miranda Tate und John Blake gegen Bane und seine Armee anzukämpfen. Wer John Blake ist? Eigentlich noch eine überflüssige Nebenfigur, wenn Nolan nicht so auf Twists stehen würde. Apropos überflüssig: Irgendwie ist da auch noch der unsympathische Polizist Foley, der irgendwann geläutert ist und dann aber stirbt, aber wenigstens nicht auch noch zum Pinguin wird oder sowas.

Wo war ich? Ach ja, Batman schafft es nach 5 Monaten "überraschend" aus dem Gefängnis und erfährt, dass das Kind von Ra's al Ghul (ihr erinnert euch, derjenige von den beiden Bösewichten im ersten Teil, der keinen Kartoffelsack über dem Gesicht hatte) dort aufgewachsen sein soll (Batman folgert: Bane). Batman zeigt, dass er auf dem Eis laufen kann ohne einzubrechen (zugegeben, hat er im ersten Teil ja auch gelernt), befreit dann die Polizisten, die darauf das besetzte Rathaus stürmen. Naja, nicht wirklich stürmen, denn sie lassen Maschinengewehre, Schutzschilder. SWAT-Teams und jedes Gefühl von taktischem Vorgehen anscheinend in der Kanalisation zurück und laufen lieber mit Pistolen in der Hand schreiend auf den Feind zu (SPAARTAAA!). Und was macht Batman? Statt sich auf seine Intelligenz und Gadgets zu verlassen...

....richtig, begibt er sich wieder in den direkten Nahkampf mit Bane. Wir bekommen noch ein zweites Mal exakt den selben Höhepunkt geliefert. Und Batman hat, wie der Affe mit der Schlange, anscheinend nix daraus gelernt. Aber natürlich ist er jetzt nach seinem Training in der Wüste körperlich überlegen und haut Bane auch noch fast die Maske kaputt. Doch dann – vorsicht Twist – kommt Miranda Tate, alias Talia al Ghul, und steckt Batman ein Messer in die Seite: Sie ist die Tochter von Ra's al Ghul und hat zu Bane gehalten, als dieser aus der Gesellschaft der Schatten verbannt wurde. Doch bevor sich Batman noch einen zweiten Wirbel ausrenkt kommt Catwoman und ballert Bane kaputt, während Talia flieht und versucht die Bombe bis zu ihrer Explosion zu schützen.

Batman vergisst plötzlich, dass er ja ein Messer in der Seite hatte, verfolgt Talia und tötet sie mit seinem tollen neuen Bat-Flugzeug (sein Abweichen von seinen Grundsätzen, niemanden zu töten, wird leider nicht thematisiert) und hat dann noch 90 Sekunden, die Bombe in Sicherheit zu bringen. Also knutscht er erst mit Catwoman, quatscht noch kurz mit Gordon und hat dann trotzdem noch genug Zeit, die Bombe aufs offene Meer hinauszufliegen, wo die 5-Megatonnen-Explosion natürlich weder einen Tsunami noch nennenswerte Mengen an Strahlung auszulösen scheint.

Es folgt eine rührende Szene mit Alfred am Grab der Familie Wayne und John Blake beschließt, in Batmans Fußstapfen zu treten. Das wäre ja wenigstens ein ganz gutes Ende, wenn wir nicht vorher erfahren würden, dass John eigentlich Robin heißt. Da Robin ja immer nur ein Sidekick war, hätte man sich das wirklich auch sparen können. Aber zumindest durfte Batman im letzten Teil einen heroischen Tod sterben, er hat sich für Gotham geopfert, wie es wirkliche Helden tun! Nein, leider nicht, der hat übrigens doch überlebt und genießt jetzt seinen Ruhestand in der Toskana. Die rührende Szene am Grab wird so im Nachhinein natürlich auch ihrer emotionalen Wirkung beraubt.

Es hätte so einfach sein können. Einfach mal wieder etwas tiefer stapeln, einen logisch aber simpel aufgebauten, runden Batman-Film machen, so wie Batman Begins einer war, aber stattdessen darf man sich angucken, wie Nolan verbissen daran scheitert, The Dark Knight toppen zu wollen. Naja, unterhalten tun die knappen drei Stunden dennoch ganz ordentlich, die schauspielerischen Leistungen sind toll und The Dark Knight Rises ist auch technisch durchaus gut, wenn man die einfallslose Filmmusik einmal außen vor lässt. Hängen bleiben tut aber leider so gut wie nichts, es gibt keine wirklich beeindruckenden Action-Szenen, keine Gänsehaut-Momente und nichtmal ausreichend Pathos. Nur die Abschieds-Szene zwischen Alfred und Bruce, die hängt mir irgendwie noch nach, denn dass Christopher Nolan mich mal zu Tränen rührt, das hätte ich irgendwie nicht erwartet.