Samstag, 17. August 2013

Filmkritik: Ein Köder für die Bestie (1962)

Vor 51 Jahren, am 17. August 1962, kam der Thriller Ein Köder für die Bestie in die deutschen Kinos. Heute ist vor allem das Remake Kap der Angst von Martin Scorsese bekannt, doch auch das Original ist ein interessantes Stück Filmgeschichte.

Das Hollywood-Kino machte in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutende Veränderungen durch. Das Fernsehen wurde nach und nach zu einer immer bedeutenderen Konkurrenz und so hatte sich die Zahl der Kinobesucher innerhalb nur weniger Jahre halbiert. Um die Zuschauer wieder vor die Leinwände zu locken, musste die Filmindustrie es schaffen, sich auf irgendeine Weise von den in den Wohnzimmern zu empfangenden Programmen zu unterscheiden. Auf der technischen Seite führte dies zu Entwicklungen wie der endgültigen Durchsetzung des Breitbildformats, doch auch inhaltlich gab es bedeutsame Veränderungen. So verlor die Selbstzensur der amerikanischen Filmindustrie (der sogenannte Production Code) immer mehr an Bedeutung, weshalb ab Mitte der 50er Jahre deutlich expliziter mit den Themen Gewalt und Sexualität umgegangen werden konnte, als dies zuvor möglich gewesen war. Genres wie der Thriller konnten durch diese neuen Freiheiten das Publikum nun sehr viel direkter mit Sex und Gewalt konfrontieren und boten so eine Form von Unterhaltung, die auf den konservativen TV-Networks nicht zu finden war.

Ein Beispiel hierfür ist Ein Köder für die Bestie (Cape Fear), der 1962 in die Kinos kam. Protagonist des Films ist der erfolgreiche Anwalt Sam Bowden (Gregory Peck), der mit seiner Familie in einer Kleinstadt im amerikanischen Bundesstaat Georgia lebt. Eines Tages nach einer Verhandlung begegnet er Max Cady (Robert Mitchum), einem Mann, gegen den Bowden einige Jahre zuvor in einem Prozess als Zeuge ausgesagt hatte. Cady, der damals zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, macht Bowden für seine Haft verantwortlich und lässt durchblicken, dass er vorhat, sich an ihm dafür zu rächen. Cady beginnt, Bowden zu verfolgen und immer bedrohlicher in seinen Äußerungen zu werden, doch da er keine offenen Drohungen ausspricht und das bloße Nachstellen nicht strafbar ist, sind dem Gesetz bald die Hände gebunden. Schließlich muss Bowden erkennen, dass nur er selbst seine Familie gegen den erbarmungslosen Kriminellen beschützen kann...

Aus heutiger Sicht ist dieser Thriller von Regisseur J. Lee Thompson natürlich nicht mehr so spannend, wie dies für ein zeitgenössisches Publikum der Fall gewesen sein muss. Dennoch ist der Film durchaus interessant, besonders was die Form der Bedrohung betrifft, die von Max Cady ausgeht. Denn während in früheren Vertretern des Genres meistens Mord im Vordergrund stand, repräsentiert Cady vor allem die Bedrohung durch sexuelle Gewalt. So vergewaltigt der Antagonist im Laufe der Handlung eine junge Frau (Barrie Chase), die jedoch aus Angst und Scham auf eine Anzeige verzichtet. Cady macht klar, dass er nicht davor zurückschrecken würde, sich auch an Bowdens 14-jähriger Tochter Nancy (Lori Martin) zu vergehen, ein Thema, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Films in Großbritannien der Zensur zum Opfer fiel.

Polly Bergen (2012)
Positiv hervorzuheben an diesem Film sind vor allem die Schauspieler. Robert Mitchum verkörpert hier zum zweiten Mal nach Die Nacht des Jägers (1955) den Bösewicht und macht mit seinem unvergleichlichen Schauspiel aus Cady eine ausgesprochen unangenehme Figur. Aber auch Gregory Peck, Polly Bergen (die seine Frau Peggy spielt) und Lori Martin können in ihren Darstellungen vollauf überzeugen. Großartig ist auch die Filmmusik des Komponisten Bernard Herrmann, der zwei Jahre zuvor den berühmten Score zu Alfred Hitchcocks Psycho verfasst hatte. Doch der Vergleich zu Hitchcocks Meisterwerk zeigt auch, was Cape Fear fehlt, um wirklich vollends zu überzeugen. Während in Psycho die überraschenden Wendungen in der Story und der psychologisch vielschichtig angelegte Mörder selbst heute noch beeindrucken können, ist Thompsons Thriller im Endeffekt dann doch zu eindimensional und vorhersehbar, um sich mit dem Master of Suspense messen zu können.

Insgesamt ist Ein Köder für die Bestie ein solide inszenierter Thriller mit tollen Schauspielern und einer großartigen Filmmusik, dem es jedoch ein wenig an Überraschungen und Tiefe fehlt, um auch heute noch völlig überzeugen zu können.

Urheber des Fotos von Polly Bergen ist David Shankbone. Es steht unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported (CC BY 3.0).