Mittwoch, 20. Februar 2013

Kurzkritiken Februar 2013

In den letzten Monaten haben sich wieder einige Filme angesammelt, die ich zwar gesehen, zu denen ich aber keine Langkritik verfasst habe. Heute gibt es daher Kurzkritiken zu den folgenden Filmen: Die beiden amerikanischen Dramen The Help (2011) und Mystic River (2003), den schwedischen Coming-of-Age-Film Die innere Schönheit des Universums (2009) und den für den Oscar nominierten Animationsfilm Im Flug erobert (2012).

The Help (2011)

Emma Stone (Skeeter)
Mississippi, Anfang der 60er Jahre. Die junge Skeeter (Emma Stone) kehrt nach einem Studium in ihre Heimatstadt Jackson zurück. Sie möchte Journalistin werden, doch bei der lokalen Zeitung wird ihr lediglich eine Kolumne für Haushaltstipps zugeteilt. Da Skeeter sich in diesem Thema nicht besonders auskennt, beginnt sie das afroamerikanische Hausmädchen einer Freundin zu interviewen. Da kommt ihr eine Idee: Sie will Gespräche mit möglichst vielen schwarzen Hausmädchen führen und deren Erfahrungen in einem Buch veröffentlichen. Skeeters ehemalige Schulfreundinnen sind von dieser Idee nicht gerade angetan, da sie Schwarze immer noch als Menschen zweiter Klasse ansehen. Und auch die Hausmädchen haben zunächst Angst, dass ihr Mitwirken an dem Projekt negative Folgen haben könnte...

The Help ist ein typischer Hollywoodfilm. Die Schauspieler sind sehr gut und Ausstattung und Kamera sorgen für wunderschöne Bilder, aber auf der anderen Seite wirkt alles relativ weichgespült und das Happy End ist vorprogrammiert. Wer sich daran nicht übermäßig stört, sollte diesem Film aber auf jeden Fall eine Chance geben. Denn The Help schafft es, zu berühren, ohne jemals wirklich kitschig zu sein, zeichnet sich durch eine recht differenzierte Charakterzeichnung aus und zeigt schön die Scheinheiligkeit der weißen Vorstadtbevölkerung, die für Kinder in Afrika spendet und gleichzeitig die Schwarzen im eigenen Land unterdrückt. Kein Meisterwerk, aber ein deutlich gelungenerer Film zur Rassenproblematik als z.B. Spielbergs Die Farbe Lila (1985), der im Vergleich zu viel Melodramatik und Kitsch auffährt, um überzeugen zu können.


Im Flug erobert (2012) 

Durch umherfliegende Papiere lernen sich zwei Büroangestellte auf einem Bahnsteig kennen. Doch bevor sich aus diesem flirtigen Moment mehr entwickeln kann, sitzt die Frau auch schon im Zug und der Mann kann ihr nur noch enttäuscht hinterherschauen. Als der Protagonist später in seinem Büro sitzt, entdeckt er die Schöne jedoch im gegenüberliegenden Gebäude und versucht verzweifelt, durch Papierflieger ihre Aufmerksamkeit zu erlangen...

Paperman, so der Originaltitel, ist dieses Jahr für den Oscar als bester animierter Kurzfilm nominiert. Doch auch wenn der Film in schönen Schwarz/Weiß-Bildern gezeichnet ist und es problemlos schafft, ohne Dialoge auszukommen, kann man nicht wirklich von einer herausragenden Arbeit sprechen. Die Attraktivität der weiblichen Hauptfigur vor allem dadurch zu erreichen, ihre Augen etwa dreimal so groß zu zeichnen wie die ihres männlichen Gegenstücks, ist schon ein bisschen albern und die kitschige Geschichte von zwei Menschen, die vom Schicksal füreinander bestimmt sind, hat man auch schon ein bisschen zu oft gesehen.

 

Die innere Schönheit des Universums (2009)

Lisa Langseth (Regie) und Alicia Vikander (Katarina)
Die 19-jährige Katarina (Alicia Vikander) stammt aus ärmlichen Verhältnissen. Die Beziehung zu ihrer alkoholkranken Mutter (Josephine Bauer) ist schlecht, sie hat Probleme ihre Aggressionen zu beherrschen und wurde in ihrer Jugend sexuell ausgenutzt. Doch seit sie in einem Youtube-Video Mozart gehört hat, liebt Katarina klassische Musik. Eines Tages schleicht sich Katarina in ein Konzerthaus und gerät durch Zufall in ein Vorstellungsgespräch. Durch eine Lüge bekommt sie eine befristete Stelle als Rezeptionistin und lernt den intellektuellen Dirigenten Adam (Samuel Fröler) kennen...

Auch wenn der weitere Verlauf der Geschichte relativ vorhersehbar ist, ist dieses Drama durchaus als gelungen zu bezeichnen. Dies liegt vor allem an den hervorragenden Schauspielern und einer Regie, die es versteht, auf sehr subtile Art und Weise die Emotionen der Protagonistin in Bildsprache zu übersetzten. Insgesamt lässt sich in dem Film der Regisseurin Lisa Langseth außerdem durchaus eine feministische Message erkennen. Denn die Geschichte von Katarina ist letztendlich nicht nur die einer Befreiung aus einer niedrigen sozialen Schicht, sondern auch die einer Befreiung aus männlicher Dominanz.


Mystic River (2003)

Sean Penn (Jimmy)
Drei Jugendliche, Dave, Jimmy und Sean, spielen auf einer Straße in Boston. Als sie auf dem Gehweg eine Baustelle entdecken, beschließen sie, ihre Namen in den frischen Zement zu schreiben. Da taucht plötzlich ein fremder Mann auf, tadelt die Jungen und zerrt Dave in ein Auto, in dem noch ein anderer Mann sitzt. Dave wird von den beiden Männern gefangen gehalten und mehrfach vergewaltigt. 25 Jahre später: Die drei Freunde haben sich längst aus den Augen verloren, doch Jimmy (Sean Penn) und Dave (Tim Robbins) wohnen immer noch in Boston. Als Jimmys Tochter ermordet wird, führt das Schicksal die Lebenswege der drei Jugendfreunde wieder zusammen: Sean (Kevin Bacon) arbeitet inzwischen bei der Mordkommission und übernimmt den Fall, während Dave in der Mordnacht mit blutverschmierter Kleidung nach Hause gekommen ist und sich schnell durch widersprüchliche Aussagen verdächtig macht...

Regisseur Clint Eastwood hat in diesem Drama einen hervorragenden Cast zusammenbekommen und tatsächlich sind es vor allem die tollen Schauspieler, die diesen Film tragen. Regie und Drehbuch sind zwar keinesfalls schlecht, aber es gibt doch einige etwas störende Aspekte wie die klischeehaften Savage-Brüder, Selbstgespräche von Protagonisten um ihre Gefühle zu vermitteln oder dass sich zu oft wiederholende Hauptthema von Eastwoods Filmmusik. Vor allem gegen Ende verdichtet sich die Atmosphäre aber so sehr, dass der Film selbst beim zweiten Sehen, wenn man die wahren Geschehnisse der Mordnacht bereits weiß, immer noch sehr spannend ist. Insgesamt also trotz kleinen Macken ein überdurchschnittlicher Film, der aufgrund einer eher durchschnittlichen Synchronisation bevorzugt im Originalton gesehen werden sollte.


Urheber des Fotos von Emma Stone ist Steve Rogers. Urheber des Fotos von Lisa Langseth und Alicia Vikander ist Gus Kaage. Beide Bilder stehen unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported (CC BY 3.0).
Urheber des Fotos von Sean Penn ist Seher Sikandar for rehes creative. Es wurde bearbeitet vom Wikipedia-Nutzer Wildhartlivie und steht unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0) .

Montag, 18. Februar 2013

Filmkritik: Django Unchained (2012)

Quentin Tarantino, wohl einer der bekanntesten Regisseure der Gegenwart, ist nunmehr seit 20 Jahren im Filmgeschäft. Und so unterschiedlich seine Filme auch zu sein scheinen, sind sie doch alle eine Liebeserklärung an die Genre-Filme der 60er und 70er Jahre. Mit Django Unchained hat Tarantino sich nun dem Spaghetti-Western angenommen.

Christoph Waltz und Jamie Foxx
(© 2012 Sony Pictures Releasing GmbH)
Die Südstaaten der USA im Jahr 1858. Der deutschstämmige Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (Christoph Waltz) befreit den Sklaven Django (Jamie Foxx) aus einem Transport, um ihm ein Angebot zu machen: Django soll ihm helfen, die berüchtigte Brittle Brothers zu finden, in deren Besitz er sich einst befand, und im Gegenzug schenkt ihm Schultz die Freiheit. Django willigt ein und tatsächlich sind die gesuchten Banditen bald Geschichte. Django ist frei, doch er hat eine schwierige Aufgabe vor sich: Er will seine Frau Broomhilda (Kerry Washington) finden und befreien, die an einen anderen Besitzer als er selbst verkauft wurde. Schultz, der sich an die Figur der Brunhilde aus der Nibelungensage erinnert fühlt, beschließt, Django dabei zu helfen. Es stellt sich jedoch heraus, dass sich Broomhilda im Besitz des großen Plantagenbesitzers Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) befindet, der sicher nicht bereit wäre, seine Sklavin an irgendwelche dahergelaufenen Cowboys zu verkaufen. Schultz und Django entwickeln daher einen ausgeklügelten Plan...

Eine blutige Angelegenheit...
(© 2012 Sony Pictures Releasing GmbH)
Django Unchained hat viel mit Quentin Tarantinos letztem Film, Inglourious Basterds (2009), gemeinsam. Auch dieser hatte bereits einige Szenen, die deutlich vom Genre das Spaghetti-Westerns inspiriert waren, aber die größere Gemeinsamkeit ist mit Sicherheit das Thema der Rache der Unterdrückten. Während es bei den Basterds die Juden sind, die sich mit brutalsten Mitteln am Nazi-Regime rächen, ist es nun der Sklave, der bei den weißen Sklavenhaltern ein Blutbad anrichtet. Letzteres ist keineswegs eine Übertreibung, weshalb die FSK-16-Freigabe mich im Nachhinein etwas überrascht, denn im letzten Drittel spritzt der Lebenssaft in solchen Mengen, dass es schon an Unappetitlichkeit grenzt. Man darf sich natürlich fragen, ob diese grafische Darstellung der Gewalt in der zweiteiligen Martial-Arts-Hommage Kill Bill (2003/2004) nicht etwas besser aufgehoben war, als in diesem modernen Western, doch das ist letztendlich wahrscheinlich Geschmackssache. Tarantino macht aber zum Glück nicht den Fehler, diese verharmlosende Darstellung von Gewalt auch auf das Thema der Sklaverei anzuwenden: Alle Szenen, in denen Sklaven Gewalt angetan wird, sind von einer sehr ernsten Stimmung geprägt und erzeugen ihre Wirkung eher durch das Nicht-Zeigen der Grausamkeiten. Hierbei wird sich nicht immer an die historischen Tatsachen gehalten, so sind die gezeigten Kämpfe zwischen Sklaven zur Belustigung ihrer Besitzer eine Erfindung der Populärkultur, doch spätestens seit Inglourious Basterds müsste eigentlich klar sein, dass es Tarantino nicht darum geht, Geschichte zu erzählen, sondern Geschichten.

Hammer: Leonardo DiCaprio
(© 2012 Sony Pictures Releasing GmbH)
Doch das klingt alles bisher viel zu ernst, um Django Unchained gerecht werden zu können. Denn der Film ist ausgesprochen witzig, vielleicht sogar der witzigste Film, den Tarantino seit Pulp Fiction (1994) abgeliefert hat. Der größte Teil des Humors ist hierbei Christoph Waltz zuzuschreiben. Schon bei Inglourious Basterds hatte der in Wien geborene Schauspieler einige ulkige Momente, doch in diesem Film ist fast jede Szene, in der der ehemalige Zahnarzt Schultz auftritt, ein absolutes Highlight – und das sind die meisten. Natürlich hat der Humor auch viel mit dem exzellenten Drehbuch Tarantinos zu tun, doch meistens ist gar nicht mal so witzig, was Schultz sagt, sondern wie er es sagt. Dass Waltz daher erneut für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert wurde, ist absolut nachzuvollziehen. Aber auch die anderen Darsteller machen einen ausgesprochen guten Job. Foxx spielt Django sehr überzeugend, seine ausdrucksstarken Augen vermitteln viele Emotionen, Kerry Washington bringt die Angst und die Schmerzen, denen ihre Figur ausgesetzt ist, absolut glaubwürdig rüber und Leonardo DiCaprio darf endlich mal einen Bösewicht spielen, den er wunderbar schmierig auf die Leinwand bringt. Eine interessante Rolle spielt auch Samuel L. Jackson, der mit dem schwarzen Hausdiener Stephen eine Figur verkörpert, die fast noch verachtenswerter ist, als der Sklavenhalter selbst.

Und auch ansonsten gibt es nichts zu meckern: Der Soundtrack ist mal wieder erste Sahne, auch wenn es erst ein wenig ungewohnt ist, in einem Western auch einmal Hip Hop zu hören zu kriegen. Die Kameraarbeit von Robert Richardson ist routiniert und es ist schön zu sehen, dass es immer noch Filmemacher gibt, die lieber mit Film- als mit Digitalkameras drehen, was dem Look sehr zuträglich ist. Auch die Ausstattung ist sehr gelungen, egal ob es darum geht, die Hässlichkeit von kleinen Dörfern des Wilden Westens oder den Prunk von Candies Anwesen in Szene zu setzen. Die Laufzeit von fast drei Stunden ist zwar ungewöhnlich lang, aber es gibt keine einzige überflüssige Szene, weshalb sich auch keinerlei Langatmigkeit einstellen kann. Unnötige oder gezwungen coole Dialoge, wie sie zum Beispiel in Death Proof (2007) auftauchen, sind hier zum Glück nicht anzutreffen.

Insgesamt kann man nur sagen: Tarantino hat es wieder mal geschafft. Auch wenn die Gewaltdarstellungen ruhig einen Grad weniger explizit hätten ausfallen können, ist Django Unchained mal wieder ein außergewöhnliches Stück Kinounterhaltung geworden. Buch, Regie und die gut aufgelegten Darsteller ergeben zusammen einen Film, den man sich unbedingt auf der großen Leinwand ansehen sollte, egal ob man Tarantino-, Western- oder einfach nur Filmfan ist.


Trailer:


Freitag, 15. Februar 2013

Filmkritik: Batman: Year One (2011)

Wenn man die Frage stellen würde, was denn die drei besten Batman-Filme der letzten 10 Jahren gewesen seien, würden die meisten wohl antworten: „Wieso, es gab doch nur drei?“. Doch weit gefehlt: Warner Brothers hat nämlich nicht nur Christopher Nolans Kinofilmen produziert, sondern bringt auch regelmäßig neue Zeichentrickabenteuer des Dunklen Ritters auf den Heimkinomarkt. Mit einem von ihnen möchte ich mich heute etwas näher beschäftigen.

Polizei-Lieutenant James Gordon zieht mit seiner schwangeren Frau Barbara nach Gotham City. Eigentlich kein guter Ort, um ein Kind großzuziehen, denn die Stadt versinkt in einem Morast aus organisiertem Verbrechen und Korruption. Gordon merkt schnell, dass Commissioner Loeb, Detective Flass und die anderen Mitarbeiter des Polizeipräsidiums nur auf ihr eigenes Wohl bedacht sind und kein Interesse daran haben, den Gangsterboss Carmine „The Roman“ Falcone hinter Schloss und Riegel zu bekommen. Doch Gordon muss vorsichtig sein, denn schon einmal brachte ihn das Anschwärzen eines Kollegen in Schwierigkeiten.
Währenddessen kommt der Milliardär Bruce Wayne nach jahrelanger Abwesenheit zurück in die Stadt. Seit seine Eltern von einem Kleinkriminellen erschossen wurden hat Bruce sich geschworen, das Verbrechen in Gotham City zu bekämpfen. Eine Fledermaus, die durch eine Fensterscheibe in sein Anwesen eindringt, bringt ihn schließlich auf die Idee einer geheimen Identität als „Batman“. Doch trotz seiner jahrelangen Ausbildung in den unterschiedlichsten Kampfkünsten sind Batmans erste Versuche in der Verbrechensbekämpfung noch nicht besonders professionell. Als der Dunkle Ritter jedoch beginnt, sich in den Organisationsstrukturen der Kriminellen immer weiter nach oben zu arbeiten und dabei auch den Verwicklungen der Polizei auf die Schliche kommt, beschließt Commissioner Loeb alles zu versuchen, um den unliebsamen Vigilanten auszuschalten...

Comic-Autor Frank Miller
Batman: Year One (in Deutschland als Das erste Jahr erschienen) gilt als eine der besten und einflussreichsten Geschichten des Batman-Universums. Sie erschien erstmals 1987 in den Batman-Comics #404 bis #407 und wurde später als Graphic Novel veröffentlicht. Der von Frank Miller (Sin City, 300) geschriebene, von David Mazzucchelli gezeichnete und von Richmond Lewis kolorierte Comic fällt besonders durch seine Düsterheit und seinen Realismus auf. Daher ist es kein Wunder, dass sich Christopher Nolan, als er 2005 Batman Begins veröffentlichte, unter anderem an der Stimmung und einigen Story-Elementen dieser Vorlage orientierte. Nolan entschied sich jedoch gegen eine direkte Verfilmung eines einzelnen Comics, sondern kombinierte Themen von Year One mit Elementen aus The Long Halloween, Dark Victory und eigenen Ideen.

Der 2011 veröffentlichte Zeichentrickfilm Batman: Year One ist hingegen eine sehr werkgetreue Verfilmung des gleichnamigen Comics geworden. Es wird keine einzige Szene ausgelassen und nur wenig hinzuerfunden, weshalb der Film insgesamt auch nur auf eine Lauflänge von einer guten Stunde kommt. Die Nähe zur Vorlage geht sogar so weit, dass einzelne Einstellungen tatsächlich genau bestimmten Panels in dem Comic entsprechen, jedoch sind die Zeichenstile relativ unterschiedlich: Während das Design von David Mazzucchelli von harten Schatten geprägt ist und damit das Film-Noir-Feeling der Geschichte auch auf einer visuellen Eben seine Entsprechung findet, haben sich die Regisseure Sam Liu und Lauren Montgomery für einen eher klaren Stil entschieden, der etwas an die Batman-Zeichentrickserien aus den 90er Jahren erinnert. Das wäre generell kein Problem, wenn dadurch nicht eine Szene, in der Batmans Identität durch den Schattenwurf auf sein Gesicht geschützt wird, im Film völlig unnatürlich und deplatziert aussehen würde.

Die Animationen sind ansonsten aber von einer relativ hohen Qualität und auch die Musik von Christopher Drake ist stimmig, wenn sie auch stellenweise ein wenig an Hans Zimmers Arbeiten für Nolans Filme erinnert. Auch die Sprecher sind passend gewählt und so ergibt sich in der Gesamtwirkung eine recht unterhaltsame Geschichte aus Gotham City, die sich fast zu gleichen Teilen auf die Erlebnisse von Jim Gordon und Batman konzentriert. Dennoch gibt es leichte dramaturgische Probleme, die sich aus der starken Nähe zur Vorlage ergeben: Da die Geschichte ursprünglich in vier einzelnen Ausgaben erschien, wurde die Spannungskurve in einer Form angelegt, dass jeder Comic seinen eigenen Höhepunkt hat. Diese Struktur ist auch im Film zu finden, weshalb man es hier nicht mit einem immer weiter ansteigenden Spannungslevel zu tun hat, sondern es zwischendurch immer wieder zu retardierenden Momenten kommt. Das ist natürlich nicht unbedingt schlimm, widerspricht jedoch schon ein wenig den Sehgewohnheiten.

Insgesamt muss man sich natürlich auch die Frage stellen, für welche Zielgruppe dieser Film eigentlich gemacht wurde. Auch wenn es schon ein etwas anderes Erlebnis ist, die Geschichte mit Musik, Sprechern und Animationen zu sehen (letztere sind natürlich vor allem in Kampfszenen vorteilhaft), werden Kenner des Comics keine Überraschungen erleben und könnten sich daher vielleicht sogar etwas langweilen. Andersherum werden sich diejenigen, die den Comic nicht kennen, an der etwas ungewöhnlichen Dramaturgie stören, ohne dass sie die Werktreue zu schätzen wissen können.

Insgesamt ist Batman: Year One ein zweischneidiges Schwert. Denn auch wenn der Film keineswegs schlecht ist, hat er der Comic-Vorlage nichts nennenswertes hinzuzufügen, weshalb es eigentlich keinen Grund gibt, sich nicht lieber die Graphic Novel als den Film zu kaufen. Zu empfehlen ist er deshalb wohl vor allem für zwei relativ eng gesteckte Zielgruppen: Menschen, die lieber Filme gucken als Comics zu lesen aber dennoch nicht auf diese gelungene Erzählung von Batmans erstem Jahr verzichten wollen. Und natürlich die großen Batman-Fans die einfach alles gesehen und gelesen haben müssen, was mit dem Dunklen Ritter zu tun hat.

PS: Auch wenn es sich hier um Zeichentrick handelt, ist der Film übrigens keinesfalls für Kinder geeignet. Die düstere Stimmung und die teilweise recht blutige Gewalt haben Batman: Year One nicht zu Unrecht eine FSK-16-Freigabe beschert.


Trailer (Englisch):

Montag, 11. Februar 2013

Media Monday #85 – Rosenmontags-Special

Auch heute hat das Medien-Journal-Blog wieder einen Fragebogen zum Thema Film veröffentlicht. Da zu allem Überfluss auch noch Rosenmontag ist, geht es dieses Mal unter anderem um Partys, Kostüme und Clowns.

Media MondayMeine Antworten sind fett und lila formatiert:

1. Andy Serkis als Vorlage einer digitalen Figur gefiel mir am besten als Gollum / Smeagol
in Der Herr der Ringe - Die zwei Türme (2002). Das Selbstgespräch, in dem Smeagol sich (vorerst) von der bösen Seite seiner Persönlichkeit befreit ist einfach grandios!

2. RegisseurIn Greg Mottola hat mit Superbad (2007) den besten Partyfilm abgeliefert, weil es einfach ein Riesenspaß ist, diese beiden sympathischen Loser auf ihre nächtliche Odyssee zu begleiten. Und weil der Film an manchen Stellen so wunderbar nahe an der Realität ist, wie zum Beispiel die volltrunkenen Liebesbekundungen der beiden besten Freunde kurz vor dem Einschlafen.

3. Die beste Frau hat der männliche Schauspieler Terry Jones in den Werken der Komikertruppe Monty Python verkörpert, weil seine Figuren in ihrer überzeichneten Unattraktivität einfach zum Wegschmeißen sind.

4. Kostümfilme finde ich durchwachsen, weil häufig die opulente Ausstattung bei der Produktion so sehr in den Vordergrund rückt, dass vergessen wird, auch eine gute Geschichte zu erzählen.

5. Den besten Clown hat Heath Ledger in The Dark Knight (2008) gespielt, weil er als intelligenter Wahnsinniger mit ungemein zynischen Humor eine grandiose Pervertierung dieser Figur vornimmt.

6. Die Maskenbildner in Die Fliege (1986) haben beeindruckende Arbeit geleistet, weil der sich immer weiter zersetzende Jeff Goldblum einfach wunderbar abstoßend aussieht. Aber auch das vernarbte Gesicht und das Make-Up des Jokers in The Dark Knight hat mich sehr überzeugt. Beide Filme wurden für diese Leistung zurecht mit dem Oscar ausgezeichnet.

7. Zuletzt mit Karneval in Berührung gekommen bin ich vor so vielen Jahren, dass ich mich zum Glück nicht mehr daran erinnern kann.

Den leeren Fragebogen und die Antworten vieler anderer Blogger findet ihr wie immer im Medien-Journal-Blog.

Montag, 4. Februar 2013

Filmkritik: Coraline (2009)

Ein elfjähriges Mädchen findet einen Geheimgang, der in ein Paralleluniversum führt, in dem alles perfekt zu sein scheint. Klingt nach Kinderkram? Keineswegs! Henry Selicks Puppenanimationsfilm ist für Kinder sogar ein kleines bisschen zu spannend geraten... 

Die elfjährige Coraline zieht mit ihren Eltern in ein seltsames Haus mitten im Nirgendwo. Schnell stellt sich Langeweile ein, denn Mum und Dad haben nie Zeit für das Mädchen und Wybie, der seltsame Nachbarjunge, geht ihr schnell auf die Nerven. Doch eines Tages findet Coraline in dem verwinkelten Gebäude eine geheimnisvolle Tür, die in eine zauberhafte Parallelwelt führt: Hier sind ihre Eltern cool und lesen ihr jeden Wunsch von den Lippen ab, es gibt eine sprechende Katze, einen verzauberten Garten und spektakuläre Zirkusvorführungen. Doch warum haben alle Menschen in dieser Welt Knöpfe statt Augen? Bald muss Coraline herausfinden, dass hinter der perfekten Fassade ein dunkles Geheimnis lauert...

Henry Selick
Regisseur Henry Selick
Als mit Toy Story 1995 der erste abendfüllende Spielfilm erschien, der vollständig am Computer entstanden war, gingen viele davon aus, dass handgemachte Animationsfilme bald der Vergangenheit angehören würden. Wozu noch im aufwendigen Stop-Motion-Verfahren Knet- oder Puppenanimationen drehen, wenn am Computer doch alles so viel schneller und flüssiger geht? Doch einige Regisseure wollten sich einfach nicht von den traditionellen Techniken trennen und drehen selbst heute noch Bild für Bild mit kleinen handgefertigten Figuren. Einer von ihnen ist Henry Selick, der 1993 als Regisseur von Nighmare Before Christmas bekannt wurde, einem ungewöhnlich gruseligen Vertreter des Puppentrick-Genres, der auf einer Geschichte von Tim Burton basiert. Und auch Coraline, der rund 15 Jahre später entstand, ist offensichtlich eher an ein erwachsenes Publikum gerichtet.

Denn obwohl Coraline auf einem Kinderbuch von Neil Gaiman basiert und von der FSK ab sechs Jahren freigegeben wurde, ist der Film insgesamt doch zu unheimlich und spannend, um ihn wirklich reinen Gewissens für Zuschauer unter 12 Jahren empfehlen zu können. Aber alle anderen werden hier sicherlich ihre Freude haben. Denn Henry Selick macht so ziemlich alles richtig: Eine ungemein sympathische Protagonistin, viele abgedrehte Nebenfiguren und eine spannende, aber auch humorvolle Geschichte, die sich trotz ihrer phantastischen Prämisse mit sehr realen Ängsten auseinandersetzt, lassen nichts zu wünschen übrig. Zwar hat man zu Beginn schon ein wenig den Eindruck, dass sich Gaiman etwas von den Alice-Büchern von Lewis Carroll inspirieren ließ (ein Tunnel führt in eine fantastische Welt mit einer sprechenden Katze), doch im weiteren Verlauf bekommt die Story genug Eigenständigkeit, um hier keineswegs von einem simplen Abklatsch sprechen zu können.

Auch auf der technischen Ebene kann der Film durchweg überzeugen: Die Sets und Figuren sind sehr liebevoll entworfen, Regie, Kamera und Schnitt sind mit viel Kreativität umgesetzt und Komponist Bruno Coulais (u.a. bekannt für die Chormusik aus Die Kinder des Monsieur Mathieu) hat einen wunderschönen Score geschrieben, der hervorragend mit der grotesken Atmosphäre der Geschichte harmoniert. Aber auch an Selick geht das 21. Jahrhundert natürlich nicht ganz spurlos vorbei: Trotz aller Handarbeit hat am Ende der Computer dann doch noch ein bisschen nachgeholfen.

Herzerwärmende, beinahe kitschige Momente, wie sie bei den Kollegen von Disney und Pixar zum guten Ton gehören, sucht man in Coraline vergebens. Doch gerade das macht diesen Film so erfrischend anders. Eine rundum gelungener Animationsfilm mit Gothic-Touch!